Ein Anlass mit Tradition
23.06.2023 KaTre, KaTreDas Gefühl, einander unbekannt und doch vertraut zu sein, Kindergelächter und ein Meer voller Pfadi-Krawatten und -Hemden – schon bald wird das wieder hörbar, fühlbar und ersichtlich sein. Von Diessenhofen bis Arbon versammeln sich am Kantonalen Pfaditreffen 2023 (KaTre 2023) in Romanshorn rund 1000 Pfadis. Und das hat Tradition:
Der Beginn – erste «Landsgemeinden»
Zwei Jahre nach der Gründung des Kantonalverbands der Thurgauer Pfader fand im Jahre 1925 die erste «Landsgemeinde» (wie das KaTre damals genannt wurde) für Jungs in Amriswil statt. In der Folge etablierte sich der Anlass und wurde zum Jahreshighlight im Pfader-Kalender. Bald kam auch bei den Thurgauer Mädchenabteilungen der Wunsch auf, einen eigenen kantonalen Anlass zu organisieren. Nach einem Treffen mit vier Abteilungen im Jahre 1937 hielten die Pfaderinnen aus dem Thurgau 1942 in Frauenfeld schliesslich ihre erste kantonale Landsgemeinde ab – bei strahlendem Sonnenschein. In einem Artikel aus der Thurgauer Zeitung von 1944 wird dieses Grossereignis geschildert:
«Im Kanton Thurgau gibt es für die Pfadfinderinnen im Jahr ein grosses Ereignis: Die L a n d s g e m e i n d e . Schon viele Wochen und Monate vorher übt man sich auf den Patrouillenlauf, der immer ein Höhepunkt der Veranstaltung bildet. Es starten Gruppen, wie sie in jeder Abteilung eingeteilt sind. Die beste Gruppe des Kantons, das heisst die Siegerin im Patrouillenlauf, erhält den Wanderwimpel, der von der ersten kantonalen Hauptführerin selbst verfertigt und gestiftet wurde. Auf das grosse Landsgemeinde-Lagerfeuer bereitet jede Abteilung eine Produktion vor, und zwar wird das Thema von der kantonalen Hauptführerin bestimmt. Meistens wird auch irgend ein Wettbewerb durchgeführt. Im Jahre 1942 gab es eine Schwimmstaffette, und diesen Sommer hatte jede Abteilung eine Singgruppe zu stellen.»
Auch bei den Pfadfinderinnen blieb der Anlass in guter Erinnerung und wurde ins Jahresprogramm aufgenommen.
Traditionen bleiben, der Anlass verändert sich
Mit der Zeit veränderten sich Rituale und Traditionen, andere wiederum blieben gleich. Akela engagierte sich in den 60er- und 70er-Jahren als Sekretärin der Thurgauer Pfader für den kantonalen Pfadertag und sagt zum damaligen Ablauf: «So gut ich mich erinnern mag, fanden am Kantonaltag am Samstag der Aufbau und ein Abendprogramm statt und am Sonntag waren die Postenläufe und anschliessend die Rangverkündigung. Ich denke, heute ist es immer noch ähnlich.» |
Neben den Pfadern bekamen auch die Wölfe in den 40er-Jahren ihren eigenen, eintägigen Anlass. 1975 wollte man die Anlässe erstmals zusammen durchführen. Monika Fetzel / Balu war damals verantwortlich für die Wolfsstufe auf kantonaler Ebene. Den Anlass hat sie in bester Erinnerung:
«Das war in Weinfelden, es hat sehr stark geregnet. Das Zeltlager war in der Nähe der Thur. Die Notunterkunft war parat, falls wir hätten evakuieren müssen. Und nachts um 12 hat der Kantonsleiter zu mir gesagt: ‹Die Wölfe kommen morgen nicht.› Und ich hab dann gesagt: ‹Die Wölfe kommen. Sie können schlecht schlafen, weil sie an den Kantonaltag wollen.› Die Antwort: ‹Dann machen wir’s halt.› Am Ende war es ein mega lässiger Kantonaltag. Alle waren pflutschnass.» |
Feuertaufe geglückt! Ab 1975 fand der Anlass unter dem Namen «Thurgauer Pfadfindertreffen» mit allen Wölfen und Pfadern statt.
Endlich zusammen!
Der kantonale Anlass der Mädchen und Jungs fand jedoch immer noch an unterschiedlichen Daten und Orten statt. In den 70er- und 80er-Jahren wurde die Zusammenarbeit der Pfadfinderinnen und Pfadfinder immer enger. Das schlug sich auch in den Kantonalen Treffen nieder. Chluri, Ende der 80er-Jahre Kantonsleiterin, schildert:
«1987 (in Weinfelden) und 1988 (in Aadorf) waren wir der Meinung, dass man Synergien nutzen und die beiden Wochenende am gleichen Ort durchführen könnte. Ein Wochenende die Jungs, das andere Wochenende die Mädchen. Viel Organisatorisches ging dann in einem Schritt.» |
Historisches passierte für die Pfadi 1990, als es zum Zusammenschluss der Mädchen- und Jungenpfadi im Thurgau kam. Das musste gefeiert werden. Und wie besser feiern als mit einem geschlechtergemischten Treffen?! Gesagt, getan: Am 1. und 2. September 1990 fand in Diessenhofen das erste Kantonale Pfaditreffen statt – für die Bienli und Wölfe eintägig, für die Pfadis zweitägig.
Die Geburt des heutigen KaTre
Dadurch, dass nun statt vier nur noch ein kantonales Treffen stattfand, war der Aufwand insgesamt zwar geringer, der einzelne Anlass aber natürlich aufwändiger zu organisieren. Um den Pfadfinderinnen und Pfadfindern auch etwas zu bieten, scheuten die Organisatoren und Organisatorinnen keinen Aufwand. «Das führte aber dazu, dass sich immer weniger Abteilungen zutrauten, diese Organisation zu leisten oder nicht die Möglichkeit sahen, einen so tollen Anlass zu organisieren, wie es die Vorgänger schafften, und damit Gefahr liefen, ‹schlecht dazustehen›», sagt Michael Weber / Pelé, Kantonsleiter von 2004 bis 2008. 2006 bildete sich auf Initiative des Abteilungsleiters der Pfadi Bürglen Tschipo eine Projektgruppe. Die Resultate daraus:
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Der Anlass, wie wir ihn auch heute noch kennen, war entstanden. Nur Covid-19 und das Bundeslager taten dem Anlass von 2020 bis 2022 einen Abbruch. Umso erfreulicher, dass das KaTre 2023 in Romanshorn endlich wieder stattfinden kann!
Einige der bisherigen Kantonalen Treffen in Romanshorn:
- 1949 (Mädchen; 1 Tag – zur Feier des 30-jährigen Bestehens des Bund schweizerischer Pfadfinderinnen)
- 1953 (Knaben; sowohl Wolfs- als auch Pfadistufe, aber getrennt)
- 1974 (Knaben; Pfadistufe; Thema: Verkehr; Highlight: eine Rundfahrt auf der M/S Thurgau)
- 1989 (Knaben; sowohl Wolfs- als auch Pfadistufe; zusammen; Thema: König Arthus)
- 1999 (alle zusammen; Olympische Spiele in Griechenland)
- 2014 (alle zusammen; in Neukirch, Romanshorn und Arbon, Goldrausch im Wilden Osten)
Spannende Zahlen aus der Geschichte:
- 1965 war der Beitrag für ein Wölfi fürs KaTre 1.50 Fr. und für Pfader 2 Fr.
- Tagwache für Pfader im Jahr 1967 war um 5 Uhr.
- Schon 1965 waren 800 bis 1000 Pfader am kantonalen Anlass mit dabei.
Begriffe:
- Zu Beginn als Landsgemeinde bezeichnet, setzte sich um 1940 der Begriff des kantonalen Pfadertags bzw. Pfaderinnentags durch.
- Während sich bei den Jungen (seit der gemeinsamen Durchführung von Wölfen und Pfadern) der Name Thurgauer Pfadfindertreffen durchsetzte, nannten die Mädchen ihren Anlass Kantonaltag der Pfadfinderinnen.
- Ab dem Zusammenschluss nannte man den Anlass Kantonaltag (wieso -tag, obwohl es zwei Tage geht, konnte nicht geklärt werden).
- Mit dem neuen Konzept kam ab 2004 der aktuelle Namen des Kantonalen Treffens zur Verwendung.
Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich bei den viele hilfsbereiten Personen bedanken für die Unterstützung. Erst einmal gebührt ein grosses Dankeschön dem Personal des Staatsarchivs des Kantons Thurgau (https://staatsarchiv.tg.ch/), die mir Einblick in den Archivbestand gewährt und sich mit mir durch den Dokumente-Dschungel gekämpft haben. Weiter ein Dankeschön an Miali als Vermittlerin und Türöffnerin. Ein Dank gebührt auch Akela, Balu, Chluri, Sleepy und Pelé für die Offenheit und Zeit und die spannenden Anekdoten aus vergangenen Tagen. M–E–R–C–I, merci, merci, merci!