Ein Arbeitsleben der Firma treu

  04.05.2023 Wirtschaft, Romanshorn

49 Jahre und 6 Monate hat Rocco Caldarola bei der Firma Ströbele an der Alleestrasse 35 in Romanshorn als Drucker gearbeitet. Ein ganzes Arbeitsleben ist er derselben Firma treu geblieben. Nun ist es Zeit, Adieu zu sagen: Ende April hat für Rocco Caldarola mit seiner Pensionierung der dritte Lebensabschnitt begonnen.

Es ist heutzutage wohl sehr selten, dass jemand sein ganzes Arbeitsleben in derselben Firma verbringt. Umso schöner ist es, wenn eine Unternehmung auf so treue Mitarbeiter mit so grossem Knowhow zählen kann.

Rocco Caldarola zog als 15-Jähriger vom süditalienischen Bari (Apulien) in die Schweiz, genauer nach Amriswil, wo seine Eltern und Geschwister lebten. Diese zogen einige Jahre zuvor in die Schweiz, während der Älteste, Rocco, bei einer Tante in Bari blieb und dort seine Schulzeit absolvierte.

Der Teenager konnte kein Wort Deutsch und tat sich sehr schwer, ohne Sprachkenntnisse und Ausbildung eine Arbeit zu finden. Durch Vermittlung des damaligen italienischen Seelsorgers in Romanshorn, Don Nalino, wurde Rocco am 1. November 1973 von Gerhard Ströbele in seiner wenige Monate zuvor übernommenen Druckerei Muther eingestellt. «Es war der beste Personalentscheid, den ich in unserer Firma je fällte», blickt Gerhard Ströbele zurück.

Ohne Lehrabschluss zum Topdrucker avanciert
Rocco Caldarola lernte schnell das Bedienen der verschiedenen Maschinen zu den vielschichtigen Ausrüstarbeiten. Er goss Blei-Stangen für die Linotype-Setzmaschine und war in der jungen Firma fast überall einsetzbar. Bald interessierte sich Rocco auch für die Druckmaschinen und avancierte in den folgenden Jahren zum Topdrucker, und dies, obwohl er seine Lehre nicht beendet hatte.

Rocco wuchs mit der Firma Ströbele und mit den rasanten technischen Veränderungen von Buchdruckmaschinen (OHT und OHZ) hin zum mehrfarbigen Offsetdruck. Und auch bauliche Veränderungen erlebte er in den fast 50 Jahren bei Ströbele fast Schlag auf Schlag. Wie blickt Rocco Caldarola auf sein Arbeitsleben bei der Firma Ströbele zurück?

Rocco, wie hast Du den Beginn Deiner Ära bei Ströbele in Erinnerung?
Rocco Caldarola: Es war so vieles anders als heute. Wir hatten eine 44-Stunden-Woche, und der Arbeitstag gestaltete sich weit «gemütlicher». Es war weniger hektisch, nicht mit so viel Stress und Druck. Ich war von Anfang an sehr optimistisch, hatte ein gutes Gefühl. Und wenn ich die grossen Druckmaschinen sah, leuchteten meine Augen, mein Herz klopfte und ich wünschte mir, dass dies meine Zukunft sein wird. Ich war glücklich, diese Stelle erhalten zu haben.

Was siehst Du als Deine persönlichen Meilensteine während der fast 50 Jahre  in der selben Firma?
Das, was ich erreichen wollte, habe ich geschafft. Von meinem Arbeitsplatz an der A.B.-Dick (A4-Offsetmaschine) liebäugelte ich immer mit der grossen 2-Farben-Maschine und später mit der 4-Farben-Maschine. Da wollte ich hin. Und ich erreichte diese Ziele alle. Es war jeweils ein Festtag für mich, an diesen Maschinen drucken zu dürfen. Rund einen Monat Ausbildung und Einführung, dann war ich drin. Das sind Erlebnisse, die mich besonders geprägt haben.

Gibt es Ereignisse, an die Du Dich besonders gern erinnerst?
Ja, da war auf einem orangen A4 ein schwarzer Text geduckt. Die oberen zwei Zeilen musste ich dann mit Gold-Druck machen, was damals sehr schwierig zu lösen war. Ich versuchte das und hatte Erfolg, das Endprodukt sah sehr gut aus. Oft tüftelte ich bei schwierigen Aufträgen, bis ich die perfekte Lösung hatte.

Wenn Du jetzt zurückblickst auf Deine Berufskarriere, würdest Du etwas anders machen?
Ich würde alles nochmals genauso machen und wieder Drucker lernen. Der Beruf hat mich immer erfüllt, ist mir nie verleidet. Und es gab auch fortlaufend Neues zu lernen, mit der Technik Schritt zu halten.

Ein Leben voller Arbeit. Was kommt jetzt mit der Pensionierung?
(lacht) Es wird mir ganz sicher nicht langweilig. Als Erstes habe ich mir eine Vespa (300 ccm) gekauft. Mit meinem Schwiegersohn habe ich schon Pläne für Touren geschmiedet, die wir gemeinsam angehen wollen. Dann habe ich Pläne zum Experimentieren, Natur erleben. Und ich möchte wieder etwas mehr Sport treiben, Laufen, Rennen, Fitness. Ich war immer aktiv im Fussballsport, über 30 Jahre. Dort möchte ich wieder anknüpfen, auch weil meine Frau noch ein paar Jahre arbeiten möchte.

* * *

Danke, Rocco, für das interessante Gespräch.

Die Familie Ströbele und all Deine (langjährigen) Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen wünschen Dir von Herzen alles Gute und vor allem Gesundheit für Deinen spannenden dritten Lebensabschnitt.

Interview: Marianne Lüchinger


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