Ein Leben für den Abschied

  18.12.2025 Romanshorn: offizielle Mitteilungen

Mehr als 5'000 Menschen hat Herbert Nafzger auf den Romanshorner Friedhöfen der beiden Landeskirchen als Bestatter auf ihrem letzten Weg begleitet. Nun geht er in Pension.

Herbert Nafzger ist kein anonymer Bestattungsbeauftragter – oder Totengräber, wie das früher hiess. In Romanshorn ist der Mann mit dem markanten Schnurrbart Teil des Lebens. Man kennt ihn, und er kennt die Menschen. Diese Nähe mache seine Arbeit eigen – und schwer. "Die meisten, die ich begrabe, habe ich gekannt", sagte er einmal. Der Totengräber ist in der Hafenstadt keine Randfigur, sondern Teil der Gemeinschaft.

Halb Romanshorn begraben
Sein erster Spatenstich liegt weit zurück. Da war er 19. Bereits als junger Mann half er dem Vater auf dem Friedhof, später übernahm er dessen Amt. Seit 1998 steht er im Sold der Stadt. Vater und Sohn hätten halb Romanshorn unter die Erde gebracht, heisst es. Fast sechs Jahrzehnte lagen die Beisetzungen in den Händen der Nafzgers.

Mit Schaufel, Bagger und viel Fingerspitzengefühl erlebte der Sohn den Wandel der Abschiedskultur: Erdgräber werden seltener, Urnen- und Gemeinschaftsformen häufiger, Angehörige nehmen Urnen auch mit nach Hause. Für ihn bedeutete das weniger Routine und mehr Individualisierung: erklären, koordinieren, beruhigen. Alles, damit aus einem organisatorischen Zwang ein würdiger Abschied werden kann.

Ein Ort für würdevolle Abschiede
Auch viele der Gräber der beiden Friedhöfe tragen seine Handschrift. Zwar sind sie konfessionell getrennt, doch wer hier stirbt, darf zuvor den Ort der Beisetzung frei wählen. Nafzger sieht das pragmatisch: Im Tod zähle das Etikett weniger als der Ort, an dem die Angehörigen Halt finden und in Würde Abschied nehmen können.

Trotz Routine erlebte auch er Grenzen. Seine. Der Tod von Kindern, ein kleiner Sarg, gehe "ans Herz und an die Nieren". Doch musste Nafzger in den vergangenen 27 Jahren auch dann funktionieren, wenn andere trauerten, und bewahrte sich doch stets sein Mitgefühl.

Stadtpräsident bedankt sich herzlich
Neben dem Amt führt Nafzger zusammen mit seinem Bruder am Ort eine Gärtnerei und pflegt die Gräber. Der Friedhof ist für ihn denn auch kein Ort des Stillstands, sondern eine gepflegte Landschaft des Erinnerns mitten im Dorf-, pardon, Stadtleben.

Stadtpräsident Roger Martin würdigte Nafzger zum Abschied mit warmen Worten: Er habe mit "grossem Respekt und beeindruckender Verlässlichkeit" Generationen von Romanshornerinnen und Romanshornern auf ihrem letzten Weg begleitet. "Es ist ein Dienst, der im Stillen geschieht, aber für eine Gemeinde unschätzbaren Wert hat." Roger Martin dankte auch Herberts Bruder Martin Nafzger für die Dienste als Stellvertreter. 

Nun endet dieser jahrzehntelange Dienst am 31. Dezember 2025 mit der Pensionierung von Herbert Nafzger. "Wir bedanken uns herzlich für das grosse Engagement", so Roger Martin. 

Neu ist die Stadtgärtnerei zuständig
Ab Januar 2026 ist die Stadtgärtnerei zuständig für die Erd- und Friedhofsarbeiten bei Beisetzungen auf den Grabfeldern der beiden Landeskirchen. 


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote